Business, Baby ist gestartet: Anne ist eine von 20 Teilnehmerinnen

Mit dem zweitägigen Kickoff-Workshop startet „Business, Baby!“ im Impact Hub Dresden im November 2023 in die erste Runde. Insgesamt 46 Frauen hatten sich für das Mentoring Programm für Mütter auf dem Weg in die Selbstständigkeit beworben. 20 von ihnen haben nun die Chance, ihre spannenden Geschäftsideen ein halbes Jahr lang gemeinsam und mit professioneller Begleitung weiterzuentwickeln. Eine von ihnen ist Anne Michel aus Dresden. Die 41-jährige Mama von zwei Kindern (2,5 und 12) ist angestellt als Unternehmensberaterin für Umwelt- und Energiemanagementsysteme. Bei der Firma Analyse HSE unterstützt sie Unternehmen diverser Branchen bei der Umsetzung von Umwelteffizienzmaßnahmen und Verbesserung ihrer Umweltleistung. Dazu gehört auch der Blick auf die gesetzlichen Grundlagen und deren kontinuierlichen Änderungen. Ihre zehnjährige Expertise im Thema Umwelt und Energieeffizienz will sie nun nutzen, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

Liebe Anne, erzähle uns doch direkt von deiner Geschäftsidee!

Ich möchte eine Software entwickeln, die dem Anwender einen leichteren inhaltlichen Zugang zu Recht und Gesetz geben soll. Denn einer Auseinandersetzung mit geltenden rechtlichen Grundlagen kann sich kein Unternehmen entziehen. Nur leider sind die wenigsten von uns Juristen und dementsprechend unsicher in der Interpretation und Umsetzung von Gesetzen. Zusätzlich soll dieses Tool dabei helfen alle unternehmensspezifischen Anforderungen im Blick zu halten und es soll den Anwender selbsterklärend mittels eines Roten Fadens durch die Gesetze leiten. Ich möchte damit die Gesetzeslage verständlicher machen und so die Frustration beim Endnutzer reduzieren.

Wie stellst du dir die Umsetzung vor, wie weit bist du da bereits?

Was die Software mitbringen soll, was die Kunden brauchen, das habe ich durch meine langjährige Erfahrung alles im Kopf. Bezüglich der technischen Umsetzung fehlt mir leider das Fachwissen. Da muss jemand aus der IT ran. Ideal wäre es langfristig mit einem Partner zusammen zu arbeiten, mit dem ich das Tool kontinuierlich weiterentwickeln kann. Eine tolle Möglichkeit bietet mir meine Chefin, mich gegebenenfalls auch unter ihrer Holding zu gründen. Das bringt finanziell mehr Sicherheit und ich bin auch direkt schon mit den potentiellen Kunden in Verbindung.

Was ist deine Motivation bzw. was war der Anstoß, dich selbstständig zu machen?

Einen konkreten Auslöser gab es nicht, das war eher ein Entwicklungsprozess. Mein Partner hat mich da tatsächlich sehr motiviert. Ich habe mit ihm viel über das Thema gesprochen, da ich tagtäglich damit zu tun habe und ich dadurch sehe, dass sich die meisten Menschen damit sehr schwer tun. Mein Freund sagte dann, hey, lass da mal was bauen, das bekommen wir sogar noch besser hin. Und da haben wir uns Anfang des Jahres einfach mal an die Idee ran gesetzt. 

Worin siehst du die Vorteile einer Selbstständigkeit?

Flexibler zu sein, meinen Tag und meine Wochen zu planen, gerade mit den zwei Kindern. Natürlich gibt es da die romantische Vorstellung, mir aussuchen zu können, was ich machen möchte. Mir ist aber bewusst, dass das in der Realität wohl eher nicht so ist. Es gibt da sicherlich viele Aufgaben, die getan werden müssen, also viel Bürokratie. Trotzdem reizt es mich, selbst mehr planen zu können, also das Wie und das Wo. Zum Beispiel die Freiheit auch mal im Winter aus dem Warmen arbeiten zu können.

Welchen Einfluss hatten bzw. haben deine Kinder auf dein Gründungsvorhaben?

Ohne Kinder hätte ich wahrscheinlich bereits deutlich früher den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Ich glaube die Kinder sind eher der Grund, dass ich sehr vorsichtig bin. Da ist beispielsweise das Thema Finanzierung und die Angst, wenn es nicht klappt, mit Schulden dazustehen. Durch den Rückhalt meines Partners habe ich mir nun den Mut genommen, das Mentoring Programm in Angriff zu nehmen. 

Wo siehst du persönlich deine größten Stärken aber auch Herausforderungen für das Projekt?

Meine größte Stärke sind das Knowhow und die Erfahrung, die ich mitbringe. Ich würde mich selbst auch eher als Machertyp bezeichnen. Ich bleibe also auch dran und bin außerdem versiert im Umgang mit Kunden und gut vernetzt. Den größten Respekt habe ich vor den organisatorischen Aufgaben der Gründung und dem ganzen Drumherum der Geschäftsidee – seien es Förderanträge oder eben das ganze Thema Finanzierung.

Was sind deine Erwartungen an das Mentoring-Programm?

Ich möchte erstmal das halbe Jahr in das Thema Selbständigkeit reinschnuppern und mich dann entscheiden, ob das etwas für mich ist. Ich denke durch die Workshops und evtl. auch Hausaufgaben merke ich schon ein bisschen, worauf es ankommt und ob ich die Zeit habe, mich neben meinem festen Job zu gründen. Ich sage mal: Zu 80 Prozent will ich es durchziehen, und dann kommen nochmal die 20 Prozent hoch, die fragen „Bist du dir sicher? Willst du das wirklich?“ Diese Gedankenspirale gibt es schon. Aber ich glaube so geht es jedem. Ich hoffe einfach durch das Mentoring einen tieferen Einblick in das ganze Thema zu bekommen, damit ich weiß, was da auf mich zukommt.

Welche Themen machen dir dabei die größten Bauchschmerzen und was wäre dein Best Case und Worst Case Szenario für in einem Jahr?

Das Beste was passieren kann, wäre dass ich einen Kooperationspartner finde, mit dem ich das Projekt gemeinsam angehen kann und dass die Software in einem Jahr so weit fertig ist, dass die ersten Kunden es testen können. Das Schlimmste wäre, wenn die anstehende Arbeit so viel mehr als in meiner Vorstellung ist, dass es mich erdrückt, dass ich es doch lieber sein lasse. Die Finanzierung und soziale Absicherung sind, wie gesagt, schon ein großer Punkt. Mehr Sorgen mache ich mir aber tatsächlich um die Überlastung. Hierbei spielt meine Tochter eine wichtige Rolle, und die Tatsache, dass sie noch sehr Mamafixiert ist und ich in den letzten 2 Jahren wenig erholsame Nächte hatte. Das beeinflusst meine Produktivität im Vergleich zu früher merklich. 

Hast du das Gefühl, dass es für Frauen im Business grundsätzlich schwieriger ist?

Ich glaube schon und habe es auch selbst schon erlebt. Es gibt da immer noch viele Vorurteile, wie beispielsweise Mamas mit zwei Kindern, die als nicht so belastbar und zeitlich zuverlässig angesehen werden, da die Kinder jederzeit krank werden können. Ich kenne auch tatsächlich nicht so viele Frauen, speziell auch in meiner Branche, die sich selbstständig gemacht haben. Es wird aber mehr, Gott sei Dank, natürlich auch durch solche Fördermöglichkeiten wie Business, Baby!

Wie spielt hier auch das Thema Gleichberechtigung und Rollenbilder rein?

Ich sehe da schon eine große Entwicklung. Beispielsweise beim Wechselmodell nach einer Trennung. Als mein damaliger Partner und ich diese Entscheidung in Bezug auf meinen älteren Sohn getroffen haben, waren wir so ziemlich die Einzigen in meinem Umfeld. Und heute steht das oft gar nicht mehr zur Debatte, ob das Kind beim Vater oder der Mutter bleibt. Dennoch bin ich der Meinung, dass trotzdem noch mehr bei der Mutter bleibt. Die Belastung durch den Mental Load, das heißt das ganze Organisatorische, also all das „daran denken“ im Alltag, ist da auch ein ganz großes Thema.

Glaubst du, dass auch mangelndes Selbstbewusstsein für Frauen ein Hindernis beim Weg in die Selbstständigkeit ist?

Ja, das denke ich schon, zumindest merke ich das auch bei mir. Mir fällt es immer schwer zu sagen, dass ich was kann, obwohl ich das eigentlich weiß und auch oft positives Feedback von Kunden und Kollegen bekomme. Aber trotzdem verkaufe ich mich oft unter Wert, obwohl ich grundsätzlich sehr selbstbewusst bin. Aber vielleicht wird mir dieses Gefühl jetzt auch im Zuge des Mentoring Programms genommen. Ich bin jedenfalls guter Dinge und gespannt, wie sich alles entwickelt.

Danke, Anne! Toll, dich an Bord zu haben!