Von New York nach Dresden: Mit Kind und Kunst in die Selbstständigkeit
Nach 18 Jahren in Amerika hat es „Business, Baby!“-Teilnehmerin Agnes 2019 nach Dresden verschlagen. Hier hat sich die gebürtige Indonesierin nach der Geburt ihres Sohnes im Bereich Design und Illustration selbstständig gemacht. Mit dem Mentoring-Programms will sich die 42-jährige Künstlerin nun vor allem neues Wissen rund um Wirtschaftlichkeit und Finanzen aneignen. Darüber hinaus will sie mehr Struktur in ihr bestehendes Business bringen.
Indonesien, USA, Taiwan – du hast schon in vielen Ländern gelebt und gearbeitet, wie bist du nach Dresden gekommen?
Mein Mann ist Spanier, wir haben uns in New York kennengelernt. Ich wollte nach den vielen Jahren irgendwann nicht mehr in den USA leben, weil ich merkte, dass es einfach zu weit von Indonesien und Spanien entfernt ist. Wir haben uns also entschieden entweder nach Asien oder Europa zu gehen. In Dresden hat mein Mann dann einen Job gefunden. Ich hatte vorher tatsächlich keine Ahnung von der Stadt.
Was sind deine beruflichen Wurzeln, was hast du in Amerika gemacht?
Ich habe meinen Bachelor-Abschluss in zeitbasiertem Mediendesign (Film, 2D- und 3D-Animation, Motion Graphics) in Ohio gemacht. In den ersten zwei Jahren nach meinem Abschluss gab es Schwierigkeiten mit meinem Visum, sodass mich das Unternehmen in New York, für das ich arbeitete, zurück zum Master-Studium in Medienwissenschaften schickte. So konnte ich das Visum bekommen, um in den USA zu bleiben, während ich Vollzeit arbeitete. Das war hart. Ich arbeitete in einer Boutique-Postproduktion für Fernsehwerbung in New York als Visual Effects-/Motion-Graphics-Künstler und wirkte an der berühmten Nespresso-Kampagne mit George Clooney mit. Ich entwarf auch verschiedene hauseigene Produkte wie Werbegeschenke und Postkarten. Es war eine Mischung aus Computerarbeit und Kunst, was auch die Grundlage meiner aktuellen Arbeit bildet.
Wie bist du in Dresden angekommen und wie waren deine ersten Jahre hier, was machst du aktuell?
Ein Jahr nachdem ich in Dresden angekommen war, begann Corona und ich war gleichzeitig schwanger. Das erste Jahr habe ich auch gebraucht, um erstmal Deutsch zu lernen und mich mit der Kultur in Deutschland und Dresden zu beschäftigen. Nach der Geburt meines Sohnes im November 2020 und den Lock Downs habe ich mich ziemlich alleine gefühlt. 2022 wollte ich endlich zurück in den Job und unter Menschen kommen. Ich habe mich einerseits nach einem festen Job aber gleichzeitig nach einem Coworking-Büro umgeschaut. Ich habe dann ein Gemeinschaftsatelier in der Dresdner Neustadt gefunden, in das ich mich mit eingemietet habe. Die Künstlerin dort brachte mich auf die Idee, Malkurse für Kinder zu geben. Mit meinem Unternehmen „Less Cloud Studio“ designe ich inzwischen eigene kleine Produkte, die ich verkaufe, wie handgefertigte Upcycling-Ohrringe, Giclée Kunstdrucke, Postkarten, Sticker, Lesezeichen. Dazu mache ich Auftragsarbeiten für Firmen oder Privatkunden, also Logos oder Illustrationen, zum Beispiel Einladungskarten, Firmenworkshops, personalisierte Geschenke und so weiter.
Wie unterschiedlich ist die Arbeit hier und in Amerika, warum hast du dich dort noch nicht selbstständig gemacht?
In New York hatte ich keine Zeit und keine Energie für die Selbstständigkeit. Ich brauchte etwas Sicherheit. Dresden war für mich genau der richtige Ort. Es gibt tolle Hilfe, wie „Business, Baby!“ oder andere tolle Netzwerke wie „Wir gestalten Dresden“. Der Druck ist auch nicht so hoch wie in New York. Hier herrscht eine viel bessere Work-Life-Balance. In Amerika konnte ich teilweise mein Leben und meine Freizeit gar nicht richtig planen, zum Beispiel weil am späten Nachmittag noch kurzfristig Aufträge kamen. Es drehte sich alles immer sehr viel ums Arbeiten.
Nun bist du schon mittendrin in deiner Selbstständigkeit. Was erhoffst du dir noch von deiner Teilnahme an „Business, Baby!“?
Als Künstlerin fehlen mir vor allem die wirtschaftlichen Grundlagen und auch das Wissen über bürokratische Dinge hier in Deutschland. Ich hätte gern mehr Erklärungen, zum Beispiel welcher Teil meiner Arbeit Gewerbe oder freiberuflich ist. Ich hätte auch gern einen konkreten fünf-Jahresplan. Wie kann ich meine Tätigkeit weiterentwickeln und was ist mein Alleinstellungsmerkmal, mein ganz persönlicher Stil? Aktuell mache ich quasi alles – das ist meine Stärke, aber auch meine Herausforderung.
Ihr hattet nun schon die ersten Workshops und Treffen mit deiner Mentorin. Wie sind deine ersten Eindrücke, was hast du schon mitgenommen?
Das Programm ist super powerful. Mein Tagesablauf als Künstlerin ist oft ohne Ziel und Zeitvorgaben, ich mache einfach irgendetwas. Bei „Business, Baby!“ habe ich eine feste Struktur und auch etwas Abstand von meinem Atelier. Ich habe bereits so viele wertvolle Dinge gelernt, zur Wirtschaftlichkeitsanalyse oder Aufwand und Ertrag. Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Es ist auch toll, die anderen Mamas kennenzulernen und sich mit ihnen auszutauschen.
Welchen Einfluss hat dein Mama-Sein auf deine Selbstständigkeit, wie kannst du beides verbinden?
Die tägliche Abstimmung in der Familie ist manchmal etwas kompliziert, da wir uns zu dritt je nach Situation in vier Sprachen verständigen. Aber mein Sohn ist auf jeden Fall meine Muse. Er ist das Herz meiner Kunst und viel meiner Inspiration kommt von ihm. Und das geht auch nicht ohne die volle Unterstützung meines Mannes. Ich bin wirklich dankbar, ihn in meinem Leben zu haben. Vieles kommt aber auch aus meiner Herkunft. Ich bin indonesisch mit chinesischen Wurzeln und in Indonesien als Minderheit aufgewachsen. Mein Sohn wächst hier als Drittkultur-Kind auf. Diese Vielfalt und Erfahrungen möchte ich auch in meine Arbeit als Künstlerin einfließen lassen. Natürlich kann ich keine 40 Stunden mehr arbeiten, wie es früher mal war. Aber es funktioniert gut, ich bin zum Beispiel samstags im Atelier. Einige Kunden kommen dann gerne vorbei, wenn sie selbst frei haben. Ich genieße es aber auch die Zeit mit meinem Sohn zu verbringen, solange er noch so klein ist.
Was ist dein Ziel für deine weitere Arbeit?
Mein Ziel ist es natürlich, ein gutes Einkommen zur Familie beitragen zu können. Ich hoffe auch auf mehr langfristige Aufträge und nachhaltige und soziale Projekte. Ich möchte auch Kunden über Dresden hinaus finden und meine Leistungen online anbieten. Dazu kann ich mir gut vorstellen, dass das Business weiter wächst und Helfer einzustellen. Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückzugeben und auch ehrenamtlich für Dinge arbeiten, an die ich wirklich glaube, nämlich alte und junge Menschen in Dresden zu integrieren.
Besuche Agnes gern in ihrem Studio: https://lesscloudstudio.com und schau dir ihre Angebot und Malkurse an.